Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Die Pubertät im Flötenunterricht

Veröffentlicht am 25.04.2015

Das ist ein besonders wichtiges Thema. Deshalb möchte ich es hier ausführlich darlegen. Besonders „betroffen“ sind davon meine Querflötenschüler. Gerade mit dem Beginn der Pubertät fangen viele Mädchen und Jungen mit dem Querflötenunterricht an. Klingt die Blockflöte auch noch relativ gut, wenn man mal nicht geübt hat und insgesamt nicht so in Form ist, stellt sich das bei der Querflöte anders dar. Die Querflöte hat kein Mundstück, welches man mit den Lippen vollständig umschließt. Die Lippen bilden das Mundstück. Um einen schönen Ton in allen Lagen zu erreichen, ist eine spezielle Atemtechnik unabdingbar. Das klingt jetzt eher furchteinflößend, ist es aber nicht. Die Kinder lernen recht gut, ihren Atem bewusst aus dem Bauch heraus mit Hilfe des Zwerchfells zu lenken. Ich beginne bereits in den ersten Unterrichtsstunden damit. Was ich damit aber betonen möchte ist, dass der Körper eine wesentliche Rolle spielt beim Querflöte spielen. Ich lerne meinen Körper bewusster kennen und mit ihm zu arbeiten. Ein verspannter Körper – wie z.B. nach Ärger oder Sorgen – kann nicht gut arbeiten. Das ist am Ton hörbar. Auch ein erschöpfter und müder Körper hat Einfluss auf den Klang der Querflöte. Bin ich locker, in angenehmer Spannung („sängerische Bereitschaft“) und innerlich ausgeglichen, gelingt mir die Anwendung der Bauchatmung und der damit verbundenen Atemstütze leicht und mein Ton klingt klar und ausgeglichen. Das Flötespielen ist so nicht anstrengend. Insofern hat das Querflötenspiel sogar eine gewisse meditative Wirkung.

In der Pubertät gerät das innere Gleichgewicht unserer Kinder durcheinander. Sie beobachten an sich selbst Veränderungen, die sie nicht unbedingt toll finden. Es passiert einfach mit ihnen. Oft ist der Geist noch recht kindgemäß, aber der Körper wird zum Mann bzw. zur Frau. Das verunsichert sehr. Jetzt haben viele Jugendliche nur eine Angst: Sich zu blamieren. Sie verlieren in dieser Zeit ihr kindliches Selbstvertrauen. In ihnen entstehen plötzlich Gefühle, die sie noch nicht kennen und mit denen sie erst den Umgang erlernen müssen. Neben den äußerlichen Veränderungen gibt es jetzt auch noch Pickel! Und es gibt Tage oder Wochen, da finden sie sich einfach nur unmöglich und können es aber gar nicht benennen. Man kann seine Kinder noch so gut auf diese Zeit vorbereiten. Sie passiert unweigerlich mit all ihren Nebenwirkungen. Manche Jugendliche kommen damit besser zurecht, andere weniger gut. Aber in jedem Fall ist es für unsere Kinder, meine Schüler, eine schwierige Lebensphase.

Plötzlich haben sie andere Interessen, die auch sehr schnell wechseln können. Es klappt nicht mehr so gut mit dem Querflöte spielen, weil sie aus ihrer inneren Mitte geraten sind. Sie wollen aufgeben. Das bekannte „kein Bock!“ – so typisch für diese Zeit – prägt bei vielen die Stimmung. Jetzt ist es sehr wichtig, nicht gleich dem Wunsch nach Aufgeben nachzugeben. Oft ist es nur eine vorübergehende Phase. Später bereuen sie ihren vorschnellen Schritt. Aber dann noch mal wieder beginnen? Vieles ist in Vergessenheit geraten, muss neu erarbeitet werden – darauf haben sie dann auch keine Lust mehr. Und so bleibt manch talentierter Schüler mit seiner musischen Begabung auf der Strecke. Im besten Fall versuchen sie es später dann mit Gitarre, Keyboard oder Schlagzeug, was bei den Kumpels cooler ankommt.

Immer wieder sitzen mir Erwachsene gegenüber, die als Kind mal ein Instrument begonnen haben und ihr schnelles Aufgeben bereuen. Nun fehlt ihnen die Zeit dafür. Jetzt bringen sie ihre Kinder zum Unterricht, um ihnen die Möglichkeiten zu geben, die sie zu wenig genutzt haben. Für unsere pubertierenden Jugendlichen ist es von großer Bedeutung für ihr späteres Leben, dass sie in schwierigen Phasen durchhalten. Sie erleben so auch den Erfolg. Und der prägt genauso positiv wie die Erfahrung des Durchhaltens an sich.