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Die Zahnspange im Flötenunterricht

Veröffentlicht am 02.05.2015

Das ist ein Thema, mit dem die meisten Eltern und ihre Kinder früher oder später konfrontiert werden. Dann steht immer die Frage im Raum, wie es wohl mit dem Flötespielen weitergeht. Mir sind in den 26 Jahren meiner Unterrichtstätigkeit schon viele sehr unterschiedliche Zahnspangen bei meinen Schülern begegnet. Auch ich war ein Flötenschüler mit Zahnspange. Für die Blockflötenkinder ist das Thema unerheblich. Da sie das Mundstück ihres Instrumentes mit den Lippen umschließen, entstehen kaum Probleme. Herausnehmbare Zahnspangen sind auch kein Problem, denn in der Regel verschieben sich die Zähne nicht sofort, wenn man zum Flötespielen die Spange aus dem Mund nimmt. Hier hat natürlich das letzte Wort der Kieferorthopäde.

Die sehr effektiven festsitzenden Zahnspangen stellen meine Querflötenschüler schon vor so manche Aufgabe. Prinzipiell ist es möglich, mit festsitzenden Zahnspangen, auch an beiden Zahnreihen, Querflöte zu spielen. Es bedeutet für die Schüler immer eine Umstellung, denn es ist ein Fremdkörper im Mund. Zunächst verursacht dieser erst mal einen verstärkten Speichelfluss. Dann drückt die Spange auf die Zähne, sonst wäre sie ja wirkungslos. Und jetzt ist da ein Hindernis zwischen Lippe und Zahnreihe. Die Lippen müssen über die Spange reichen, um den Ansatz für den Flötenton zu formen. Es gibt auf der Querflöte kein Mundstück, welches wir mit den Lippen umschließen. Der Luftstrom wird gegen eine Kante der Mundplatte geführt. Das geschieht allein durch die Lippen. Es funktioniert so ähnlich, wie wenn man auf einem Flaschenhals bläst. Sitzt die Zahnspange sehr tief auf den Zähnen oder ist die Oberlippe kurz, kann eine festsitzende Zahnspange ein größeres Problem darstellen. Auf jeden Fall klingen die ersten Flötentöne mit Zahnspange im Mund erst mal scheußlich. Oft gewöhnen sich die Schüler aber sehr schnell an das Gerät in ihrem Mund. Natürlich muss man Kompromisse machen und den Unterricht inhaltlich etwas anders gestalten, wenn eine Zahnspange angesagt ist. Wichtig ist wieder, dass die Schüler gut mitmachen, nicht schnell aufgeben und sich ihr Selbstvertrauen bewahren. Hier ist wieder die Familie sehr gefragt. Wenn es größere Probleme gibt, ist es auch sinnvoll, die Kontrolle und Anleitung für die Schüler zu intensivieren. In solchen Fällen macht es Sinn, die Flötenstunde auf 2 Termine pro Woche zu jeweils 30 Minuten vorübergehend aufzusplitten. So arbeite ich in kleineren Übe-Einheiten mit den Schülern speziell an der Tongebung. Die begleitenden Musikstücke haben eher belohnende Wirkung, damit die Lust nicht ganz verloren geht. Auch ist in solchen Fällen ein Unterricht in der Ferienpause sinnvoll. Die Schüler geraten sonst durch die fehlende Anleitung wieder in alte Verhaltensmuster und festigen so eher ihren Fehler. Das führt dazu, dass sie trotz fleißigen Übens womöglich einen Rückschritt erzielen. Das frustriert sie ungemein. Wenn die Zahnspange nachgestellt wird, haben die Kinder in den ersten Tagen manchmal wieder verstärkt Zahnschmerzen, bis sich die Zähne an den neuen Druck gewöhnt haben. Dann ist es nicht immer sinnvoll, Flöte zu spielen. Den Unterrichtsausfall kann man aber dadurch kompensieren, dass man die Zeit für Musiktheorie nutzt. Ich verfüge über Spiele und Rätsel, womit ich meinen Schülern das Thema durchaus unterhaltsam vermitteln kann. Bisher habe ich es in meinem Unterricht nur ein Mal erlebt, dass wir aufgrund der Zahnspange den Flötenunterricht komplett aussetzen mussten, weil die Schülerin gar nicht mehr zurechtkam. Da es sich „nur“ um eine Pause von 6 Monaten handelte, war diese Unterrichtslücke vertretbar und konnte dann schnell wieder aufgeholt werden.

Es gibt auch ein Problem, wenn die Zahnspange nun endlich für immer aus dem Mund entfernt wird. Nun stehen die Zähne anders, was den Luftstrom im Mund verändert. Aber das größere Problem ist, dass sich an der Innenseite der Lippe jetzt viele Hohlräume befinden, die vorher durch die Zahnspange ausgefüllt waren. Das heißt, die Oberlippe schließt nicht mehr auf der oberen Zahnreihe. Es geht viel Luft ungelenkt in den Raum. Der Ton klingt extrem rauschig und ist kaum lenkbar. Die Lippen müssen sich erst wieder an die Lenkung des Luftstromes ohne Zahnspange gewöhnen. Die Hohlräume in der Innenseite der Oberlippe schließen sich mit der Zeit wieder. Wenn die Schüler gut mitmachen, haben wir das Problem in wenigen Wochen gelöst. Schon in der ersten Flötenstunde nach dem Entfernen der Zahnspange ist eine Verbesserung zu erreichen. Auch jetzt ist es wichtig, dass die Schüler dranbleiben, geduldig Töne aushalten, obwohl sie das nicht so gern üben, und ihr Vertrauen in den Erfolg nicht verlieren.

Wenn alles glücklich überstanden ist, erinnere ich meine Schüler gern noch mal daran, wie schwierig es war und wie gut sie es gemeistert haben. Nun sind die Zähne gerichtet und ihre Flöte klingt wieder schön. Wenn das kein Grund zur Freude ist …